Unterlage und Platzbedarf

Bevor man allerdings zur eigentlichen Pflanzung kommt, sollten einige Vorüberlegungen gemacht werden. So geht es heute um die verfügbare Fläche und die zu erwartende Baumgröße.

Dieser erste ganz entscheidende Punkt wird gerade im Hausgarten leider häufig nicht ernst genug betrachtet. Bestes Beispiel hierfür ist der Walnussbaum im Vorgarten, welcher bei der Pflanzung noch so klein wirkt, schon nach einigen Jahren den Platz gut ausfüllt, nach 30 Jahren das Haus überragt und immer noch weiter wächst. Doch fangen wir ganz am Anfang an.

Die natürliche Methode eine Pflanze zu ziehen, beginnt beim Samen. So kann man auch selbst Apfelkerne im Herbst z.B. aus dem Trester vom Mosten auf einer Erdfläche ausbringen und im Frühjahr entstehen junge Triebe. Allerdings ist das was entsteht reiner Zufall. Natürlich wächst aus einem Apfelkern immer ein Apfelbaum, was für eine Sorte jedoch entsteht, kann nicht vorhergesehen werden. In den allermeisten Fällen ersteht nur ein kleiner saurer Apfel, mit etwas Glück ein größerer Apfel, welcher noch zum Mosten gut ist. Einem Lottogewinn gleich zu setzen ist, wenn daraus wirklich ein schmackhafter Tafelapfel entsteht. Was all diesen aus dem Samen gewonnenen Bäumen gleich ist, ist ein starker Wuchs und damit eine große Baumkrone. Diese Bäume auf „Sämlingsunterlage“ werden meistens als Hochstamm mit einem Ansatz der Leitäste bei mehr als 1,60m Höhe gezogen und sind der klassische Vertreter auf unseren Streuobstwiesen. Der Kronendurchmesser und damit Platzbedarf ist noch von der Obstsorte abhängig. Grob kann man mit folgenden Kronendurchmessern und damit auch minimalem Baumabstand rechnen:

Zwetschgen/ Mirabelle 8m

Apfelbäume 10m

Birnbäume/ Kirschbäume 12m

Walnussbäume 15m

Hier wird schnell klar, dass diese Bäume für die meisten Hausgärten eine Nummer zu groß sind. Für die Streuobstwiese bieten diese jedoch auch große Vorteile. Zum einen ist mit einem hohen Astansatz die Bewirtschaftung mit dem Traktor gut möglich und auch die Lebenserwartung dieser Bäume ist sehr hoch (80-150Jahre). Nachteil ist, dass es 10-20 Jahre dauert, bis der Baum nennenswerte Mengen an Obst liefert. Letztlich ist so ein Baum aufgrund des Lebensalters und Vollertrags erst nach 30-40 Jahren eine Investition in die Zukunft, von der auch folgende Generationen noch profitieren.

Es ist auch möglich Bäume auf Sämlingsunterlage als Halbstamm (~1m Abgang der Leitäste) oder gar als Nieder-/ Viertelstamm zu ziehen. Die Kronengröße wird deshalb jedoch nicht geringer, sodass dies keine Alternative für den (kleinen) Hausgarten ist.

Die Alternative zur Sämlingsunterlage ist eine sogenannte „Typenunterlage“, welche sich durch einen schwächeren Wuchs und früheres Fruchten auszeichnen. Diese Typen wurden im vergangenen Jahrhundert sortiert und werden durch Wurzelabschnitte weitervermehrt, sodass überall der gleiche Wurzeltyp vorhanden ist. Die Kronengröße eines Baumes ist nämlich neben der Obstsorte auch stark von der Wurzel/ Unterlage abhängig. Besonders viele unterschiedliche und vor allem sehr schwach wachsende Unterlagen gibt es beim Apfel. Die häufigste ist hier die „M9“, welche nur 1-2qm Fläche und ~2m Höhe an Platzbedarf hat. Hier gibt es auch keine Leitäste, wie bei den großen Bäumen, sondern lediglich einen Mitteltrieb mit Fruchtholz. Auch bei Steinobst und Birnen gibt es schwächer wachsende Unterlagen, allerdings immer stärker wachsend als beim Apfel. Vorteil dieser schwach wachsenden Bäume ist, dass viel schneller das erste Obst geerntet werden kann und auch die Erziehung, wie in den letzten Wochen beschrieben, kaum nötig ist. Lediglich das Flachstellen von Trieben zur Fruchtholzgewinnung und das Auslichten des Fruchtholzes von Zeit zu Zeit fallen an. Nachteil ist jedoch, dass die Bäume nicht sehr stabil stehen, da die Wurzeln weniger stark sind und daher immer einen Pfosten benötigen. Zudem erreichen sie bei weitem nicht das Alter eines Sämlings. Von stark wachsenden Typenunterlagen, welche auch großkronige Bäume ergeben, ist daher abzuraten.

Egal ob Sämlings- oder Typenunterlage sind jedoch alle Bäume, die man in der Baumschule kauft mit der Edelsorte veredelt.

Wichtig ist hier nochmals zu betonen, dass das in den letzten Wochen beschriebene Schnittsystem gerade für die großkronigen und stark wachsenden Bäume geeignet ist.

 

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